Technologien/Praxen |Digitale Kommunikations- u. Medienwelten Mz* Baltazar’s Lab
Lale Rodgarkia-Dara
Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung, Kunst & Kommunikative Praxis
2025S, künstlerisches Seminar (SEK), 4.0 ECTS, 4.0 SemStd., LV-Nr. S05340
Beschreibung
Unter dem Titel Grounding and Haunting summieren sich die verschiedene Ansätze unseres Kollektivs im Umgang mit Technologien, Hacking, Kunst und sozialer feministischer Praxis. Die Lehrenden Olivia Jaques, Patrícia J. Reis, Lale, Rodgarkia-Dara und Anna Watzinger bilden das Kollektiv Mz* Baltazar’s Laboratory.
Folgende Schwerpunkte werden in den Lehrveranstaltungseinheiten gesetzt:
Lale Rodgarkia-Dara: Disecting and Listening Einerseits liegt eine Besonderheit des Digitalen in der Präsenz der auto-operativen Schrift (vgl. Krämer, Sybille, Operationsraum Schrift) als ein Baustein. Indes auch das Internet sowie sein kumuliertes Wissen und Werk, sind sozial situiert. Algorithmen an sich sind nicht neutral. Sie betreffen und treffen unterrepräsentierte Gruppen überproportional. Was bedeutet dies jedoch, wenn Schrift Inhalt, Werkzeug und Baustein zugleich ist? Wo finden sich soziale Gerechtigkeit, Metaphysik und Kontrolle, Machtverhältnisse? Und wie lassen Sie sich betrachten. "A feminist server • Is a situated technology. She has a sense of context and considers herself part of an ecology of practice • Is run for and by a community that cares enough for her in order to make her exist" so beginnt Femke Snelting von Constant, Brüssel, ihr Manifest eines Feminst Server. Das Netz existiert nicht als digitale körperlose Masse. Jene Dichotomie zwischen Analog und Digital ist nicht unhinterfragt hinzunehmen (z.B. Digital Sweat Shops, Serverfarmen, Netzneutralität und Ressourcen- und Verteilungsgerechtigkeiten). Mit den Mitteln der praktischen Herangehensweise des Zerlegens und Zuhörens, machen wir erste Schritte ins Basteln.
Patrícia J. Reis:Feministisches Hacken, DIY, Open Source und ethische Hardware Was bedeutet es, zu hacken? Wie kann Hardware feministisch sein? Und wie können Hacking-Methoden die künstlerische Praxis beeinflussen? In diesen Sitzungen werden Hacker-, DIY- und Open-Source-Gemeinschaften durch eine feministische Brille betrachtet, wobei der Schwerpunkt auf ökofeministischen und ethischen Hardware-Prinzipien liegt. Anstatt sich auf Massenware zu verlassen, werden wir Materialien zurückerobern, reparieren und wiederverwenden. Anstatt Waren von der Stange zu konsumieren, werden wir Materialien recyceln, und anstatt das giftige Nachleben von dysfunktionalen Geräten zu akzeptieren, werden wir versuchen, sie zu reparieren. Wir werden Technologie mit einer kritischen Brille betrachten, um die Akteur:innen zu entmystifizieren, die von ihrer Anwendung und Lizenzierung profitieren, diejenigen, die von der Undurchsichtigkeit und der geplanten Obsoleszenz profitieren. Ausgehend von der Überzeugung, dass künstlerische Praxis den sozialen Wandel vorantreiben kann, schlagen wir Hacking als ein Werkzeug der Emanzipation vor, das die vorherrschende technische Konsumkultur herausfordern kann. Dieser Beitrag ist eine Einladung an alle, die zu „Maker:innen“ werden wollen, anstatt nur in der Rolle von Technologie-Konsument:innen zu bleiben. In der Praxis werden wir grundlegende Elektronik und Arduino erforschen und dabei auf das Wissen zurückgreifen, das von feministischen Hackergemeinschaften geteilt wird. Letztendlich werden wir dieses Wissen erweitern und auf das Format eines „Handbuchs“ anwenden, indem wir mit einer Vielzahl von Materialien experimentieren, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Textilien liegt.
Olivia Jaques: Digital challenges und Demokratie Warum ist es zunehmend wichtiger, sich mit europäischen Werten in Bezug auf Datenschutz, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Sicherheit sowie mit der bestehenden Diskrepanz zu den Praktiken sozialer Medien wie Meta auseinanderzusetzen? Die meistgenutzten sozialen Medien, insbesondere jene von Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), stehen in der Kritik, nicht mit europäischen, feministischen* und demokratischen Werten übereinzustimmen. Dies erscheint offenkundig, leicht zu kritisieren, doch während die Probleme im WWW zunehmen, fehlt es an Alternativen und Handlungsstrategien. Demokratie lebt von pluralistischen, wertebasierten Diskursen – doch soziale Netzwerke fördern oft Polarisierung und Emotionalisierung statt sachlicher Auseinandersetzung. Die vermeintliche Meinungsfreiheit im Netz wird genutzt, um demokratische Prinzipien zu untergraben. Sachliche Diskurse weichen nutzergenerierten Bewertungen und ungefilterten Meinungen, die oft Desinformation verstärken. Die jüngsten Änderungen in der Inhaltsmoderation von Meta sind besonders problematisch: Feministische und queere Inhalte werden überproportional zensiert, während Hassrede und Diskriminierung zunehmend unreguliert bleiben. In dieser Lehrveranstaltung reflektieren wir nicht nur diese Herausforderungen, sondern suchen in Diskussionen und praktischen Übungen nach mehr Klarheit in Haltung und Verhalten im WWW. Wir setzen uns mit dem Schutz persönlicher Daten und Meinungsfreiheit auseinander, testen alternative Open-Source-Angebote und überprüfen unsere technischen Einstellungen, um eine bewusste und verantwortungsvolle Nutzung des digitalen Raums zu fördern.
Anna Watzinger: "ihuman" Was bedeutet menschliche Intelligenz? Was bedeutet künstliche Intelligenz? Was steckt hinter der Sehnsucht sich immer wieder neue Gött:innen – eine höhere Intelligenz – vorstellen zu wollen, die das eigene sowie gemeinschaftliche und gesellschaftspolitische Handeln organisiert und kontrolliert? Warum lässt sich mensch immer wieder von "lauten" Handlungsanweisungen/Gesinnungsblasen off- sowie online verführen? Ist es tatsächlich dem Herdentrieb (der jeweiligen Norm/Ideologie/Handlungsanweisung/Sicherheitsversprechen, Stammesdenken 2.0) geschuldet, dass das selbstständige, freie (universale), unbequeme und anspruchsvolle (vernetzte) Denken ohne Kategorien, kurz die demokratische, mühsam erkämpfte Freiheit des Denkens (Intelligenzija) heutzutage keinen Wert mehr hat? Die Lehrveranstaltungseinheit wirft einen kurzen, aktuellen Blick auf die KI- Auswüchse, lädt zum konkreten Experimentieren dazu ein und öffnet die Diskussion ob sich die menschliche Intelligenz nun tatsächlich gerade (wieder einmal) abschafft oder nicht?
Prüfungsmodalitäten
Erstellung eines eigenen (transmedialen) Kunstwerkes mit Bezug zu den Lehrveranstaltungsinhalten und Präsentation im Rahmen einer gemeinsamen Ausstellung zu Semesterende im Mz*Baltazar's Laboratory (Jägerstraße 52-54, 1200 Wien)
Anmerkungen
Auch dieses Jahr hanteln wir uns formell entlang der Handlungsanleitungen, Manuals, Handreichungen und Beschreibungen. Nicht nur bekommen die Teilnehmer:innen der Lehrveranstaltung so eine vielschichtige Definition von Manuals, sie werden auch ermutigt im Laufe des Seminars ihre eigene Version eines Manuals als Kunstwerk zu gestalten und zu erproben. Gleichzeitig erhalten sie einen praxisbezogenen Einblick in Feminist Hardware (Sensoren und E-Textilien), Hacking, Open Source, auto-operative Schrift sowie künstlerisch-performative Übersetzungen von Datenkapitalismus und Datenschutz, die sogenannten sozialen Medien und schlussendlich den Körper selbst als soziopolitisches Interface. Es wird gebaut, zerlegt, hinterfragt, zugehört, neugedacht und experimentiert.
Mz* Baltazar's Lab, 2009 gegründet und in Wien verwurzelt, definiert sich als Kunst-, feministischer* Hacking- und Safer Space, als ein sich stetig wandelndes Kollektiv von derzeit fünf Künstler:innen, Aktivist:innen und Theoretiker:innen, die sich zum Ziel gesetzt haben, eine sichere, subversive kreative Infrastruktur für Making/Hacking, Community Building/Networking und die Realisierung/Unterstützung von Ausstellungen und Workshops an der Schnittstelle von Medienkunst, Wissenschaft, Hacking/Making und Genderpolitik im Mz* Baltazar's Lab im 20. Wiener Gemeindebezirk zu schaffen. Im Sinne der Praxis und Theorie von Mz* Baltazar's Lab, bietet die Lehrveranstaltung "Mz* Baltazar’s Lab presents: Grounding and Haunting" einen vielseitigen Zugang zum Neudenken und Erschaffen/Hacken des eigenen Manuals als transmediales Kunstwerk.
Schlagwörter
Medieninstallation, Elektronische Musik, Medienkunst, Elekronische Medien
Termine
10. März 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „ Lale Rodgarkia-Dara: Disecting and Listening Part I“
17. März 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Patrícia J. Reis:Feministisches Hacken, DIY, Open Source und ethische Hardware “
24. März 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Olivia Jaques“
31. März 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Anna Watzinger: ihuman“
07. April 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Patricia Reise Teil II: Sensoren und Textilien“
28. April 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Olivia Jaques Teil II“
05. Mai 2025, 13:30–16:30 Studio Praxistest , „Lale Rodgarkia-Dara: Disecting and Listening Teil II“
02. Juni 2025, 13:30–16:30 Mz* Baltazar Laboratory, Jägerstraße 52-58,1200 Wien , „Olivia Jaques und Anna Watzinger: Ausstellungsvorbereitung“
16. Juni 2025, 14:00–17:00 Mz* Baltazar Laboratory, Jägerstraße 52-58,1200 Wien , „Anna Watzinger: Ausstellungsvorbereitung“
20. Juni 2025, 19:00–21:00 Mz* Baltazar Laboratory, Jägerstraße 52-58,1200 Wien , „Ausstellungseröffnung“
27. Juni 2025, 14:00–21:00 Mz* Baltazar Laboratory, Jägerstraße 52-58,1200 Wien , „Präsentation und Finisage“
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Studienplanzuordnung
Lehramt: Unterrichtsfach kkp (Bachelor): Künstlerische Praxis (kkp): GO: Grundlegende Technologien / Praxen (kkp) 067/001.11
Lehramt: Unterrichtsfach kkp (Bachelor): Künstlerische Praxis (kkp): FOR: Technologien / Praxen (kkp) 067/001.21
Lehramt: Unterrichtsfach kkp (Bachelor): Schwerpunkt Digitale Grundbildung (DGB): Praxis / digitale Produktion 067/020.10
Lehramt: Unterrichtsfach dex (Bachelor): Schwerpunkt Digitale Grundbildung (DGB): Praxis / digitale Produktion 074/020.10
Mitbelegung: nicht möglich
Besuch einzelner Lehrveranstaltungen: nicht möglich