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Hotspots werden in der Geologie als ‚heiße Flecken‘ auf der Erdoberfläche verstanden, die vulkanische Aktivität zeigen. Mittlerweile kennt der Gebrauch des Wortes, das mit Brennpunkt übersetzt werden kann und Räume der Verdichtung meint, kaum mehr Grenzen: als Buzzword für Sammlungsstellen migrantischer Fluchtbewegungen, als WLAN-Bereich von Telekommunikationsfirmen, als Szenetreffpunkt, als gefährdetes Zentrum von Biodiversität. In dem nicht-akademischen Symposium Hotspots: Migration und Meer, konzipiert und organisiert von Medienkulturwissenschaftlerin und Kuratorin Nanna Heidenreich, geht es um Dringlichkeiten, Ablagerungen und Verflüssigungen. Der titelgebende Begriff erlaubt dabei das Nachdenken über die aktuellen Farben des blauen Planeten zusammenzuführen. Denn die Weltmeere sind selbst Hotspots geopolitischer Aktualität geworden, in denen sich verschiedene Interessen vermischen: ökonomische, militärische, biologische, menschliche, philosophische. Auf einem Panel diskutieren Manuela Bojadžijev, Vize-Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung und der Mathematiker und Kulturanthropologe Bernd Kasparek, der das Web-Portal bordermonitoring.eu mitbetreibt, das Aktivitäten an der EU-Außengrenze dokumentiert. In diesem Gespräch geht es unter anderem um die Logiken von Biometrie und Logistik sowie um migrantische Hotspots an den Rändern Europas, die als Teststrecken für eine großflächige Erfassung und Vermessung von Menschen dienen. Die Künstlerin Heba Y. Amin, die in einer ihrer Arbeiten megalomanische Pläne zur Umleitung des Mittelmeers visualisiert hat, gehört ebenso zu den Eingeladenen wie die Filmemacherin Amel Alzakout, die zusammen mit der Autorin Merle Kröger Ausschnitte aus ihrem Dokumentarfilm Purple Sea zeigen wird. Der Film basiert auf dem Material, das Amel Alzakout bei ihrer eigenen Flucht über das Mittelmeer in einem kenternden Boot gedreht hat. Weitere Teilnehmer*innen sind die Filmwissenschaftlerin Natalie Lettenewitsch, die zu (Unter-)Wasserbildern im Kino forscht, der Anthropologe Stefan Helmreich, der mit seinem Buch Alien Ocean Ausflüge in die mikrobischen Bereiche der Tiefsee unternommen hat, und Ayesha Hameed, die sich über das Hören dem Thema des Symposiums nähert. Der Autor Helmut Höge steuert mit Blick auf das Konzept der Biodiversität zoologische Perspektiven bei.