Secular Spirit and Female Participation

  • The Vienna Votivkirche as New Symbol of an Old Order
Artistic Research Project

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SECULAR SPIRIT AND FEMALE PARTICIPATION. THE VIENNA VOTIVKIRCHE AS NEW SYMBOL OF AN OLD ORDER “Secular Spirit and Female Participation” erzählt die Geschichte des späten Habsburgerreichs aus weiblicher Perspektive und bringt die Biografien jener Frauen ans Licht, die einst zahlreiche wertvolle Objekte zur Ausstattung der Votivkirche gestiftet haben und deren Lebensgeschichten die politische und gesellschaftliche Entwicklung Wiens im 19. Jahrhundert widerspiegeln und mit formten. So bietet das Projekt einen Blick hinter die beeindruckende Kulisse der Kirche als dem ersten Prachtbau der neuen Ringstraße, gleichsam als Gesamtkunstwerk wie Reichsheiligtum. Es untersucht die Beteiligung von Frauen an der Errichtung der Votivkirche als „Denkmal der dynastischen Liebe Österreichs“, um zu verstehen, welche Rollen Frauen zu dieser Zeit in der Gesellschaft zugestanden wurden, welche sie einnahmen und welche sie sich erkämpften. Die Liebe der Frauen – zu Gott, zur Dynastie und zu den Armen – und die (meist unbezahlte) Arbeit der Frauen – von der Sorgearbeit über das Handwerk bis hin zur spirituellen und politischen Arbeit – sind für immer in die Votivkirche und ihre Ausstattung eingeschrieben. Die Geschichten dazu bilden die Polarisierung der Gesellschaft des späten Habsburgerreichs aus weiblicher Perspektive ab und navigieren zwischen dem Reichtum der Herrschenden, des Adels wie des aufstrebenden Bürgertums und dem Elend der Straßen; zwischen dem Glauben an die göttliche Gnade, dem Anschein von Volksfrömmigkeit und den „sündhaften“ Freiheiten des gemeinen Volks; zwischen der Verehrung der selbstherrlichen Kaiserfamilie und dem Kampf gegen das Patriarchat und die Monarchie; zwischen spirituellem oder politischem Feminismus und einem wachsenden Antifeminismus. Die Analyse folgt einem objektbasierten Ansatz, der auf das Prinzip der „Objektbiographien“ der Material Culture Studies zurückgeht, und seinen Ursprung in der Soziologie und Anthropologie der 1980er Jahre hat. Basierend auf dem sogenannten „Material Turn“ der letzten Jahre hat dieser Ansatz auch in der Kunst- und Kulturgeschichte Bedeutung erlangt und beschäftigt sich mit Fragen wie: Woher kommt das Objekt? Wie und von wem wurde es hergestellt? Was ist seine Geschichte? Wie haben sich seine Funktion und Bedeutung verändert? Diese Fragen zielen insbesondere auf Beziehungen zwischen Menschen und Objekten ab. Die Beschäftigung mit den Objekten der Kirche, den materiellen Zeugen der Geschichte, wird mit der Auswertung schriftlicher und bildlicher historischer Quellen verbunden. Die mit den Objekten verbundenen Beziehungen und Geschichten durchdringen auch die Bestände anderer Museen in Wien, allen voran das Wien Museum, wo sich zahlreiche Porträts und Fotos der Stifter*innen befinden. Die Aura des Kirchenbaus und die besonderen Ausblicke und Perspektiven aus dem erhöhten Oratorium der Votivkirche, in dem sich das Museum befindet, werden in das Präsentationskonzept integriert. Auszüge aus privater Korrespondenz, Zeitungsartikeln, Gebetsbüchern, persönlichen Widmungstexten, Tagebucheinträgen, kaiserlichen Hofprotokollen und die Notizen des Architekten werden von verschiedenen Stimmen gesprochen. Die Kirchenglocken, die Orgel und damit auch die Resonanz des Kirchenraumes werden neu aufgenommen. Die Aufnahmen sind im Ausstellungsraum an verschiedenen Orten in einer getakteten Choreografie zu hören. So wird erzählte Vergangenheit zur hörbaren Gegenwart.

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Published By: Johanna Runkel | Universität für Angewandte Kunst Wien | Publication Date: 09 May 2022, 10:17 | Edit Date: 05 February 2025, 11:11