Text
Strategien einer Bildpraxis. Fotografisches Entwerfen anhand dokumentarischer Bilder von öffentlichen Plätzen Aktuelle Studien im Bereich der Bildwissenschaften, visueller Kommunikation und Wissenschaftsgeschichte beschäftigen sich mit dem Begriff des ‚Entwurfs‘ bzw. des ‚Entwerfens‘ als eine spezifische Form von Entscheidungsprozessen beim Design, bei der Malerei und beim Zeichnen. Es wird angenommen, dass es Parallelen zwischen diesen visuellen Praxen und dem Fotografieren geben wird. Zur Fotografie wurden viele Studien über Publikationskontexte durchgeführt – dabei könnte noch mehr Kenntnis über die produktionsästhetische Seite gewonnen werden. Es gibt dafür auch kaum verfügbares Forschungsmaterial in Form von Kontaktbögen, Skizzen, Probeabzügen oder Notizen. Daher wurde eine Methode adaptiert, die es erlaubt fotografische Explorationen und theoretische Überlegungen zu kombinieren (‚Practice-led Iconic Research‘). Dabei kann Wissen über Bilder durch die Generierung von Bildern in Erfahrung gebracht werden (Michael Renner). Die Herstellung von visuellen Varianten ermöglicht es Bilder zu vergleichen und zu evaluieren, wobei forschungsspezifische Bilder als visuelle Argumente verwendet werden können, wenn diese ausreichend versprachlicht werden. Als methodische Adaption werden fotografische Bilder und Explorationen (wie beispielsweise Archivbilder, künstlerische Fallstudien und der fotografische Entwurfsprozess der Autorin) mit theoretischen Überlegungen kombiniert. Der Begriff der ‚dokumentarischen Fotografie‘ wird mithilfe des Ausdrucks „fluides Konzept“ (Olivier Lugon) kritisch hinterfragt, wobei deutlich gemacht wird, dass ein dokumentarisches Konzept von seinen Publikations- als auch Herstellungskontexten abhängt. Durch die Analyse künstlerischer Beispiele – Jules Spinatsch „Discontinuous Panorama A240635“ und Sibylle Bergemann „Das Denkmal“ – wird diese inhaltliche Bandbreite angedeutet. Archivbilder und fotografische Explorationen der Autorin stellen den Fundus für die Analyse dar. Die Entwurfsstrategien von dokumentarischer Fotografie werden anhand der Analyse von vier ausgewählten öffentlichen Plätzen herausgearbeitet (Marktplatz Basel, Hauptplatz Linz, Zaunplatz Glarus, Heldenplatz Wien). Dadurch können die Forschungsfragen beantwortet werden: Wie muss ein dokumentarisches Bild eines öffentlichen Platzes beschaffen sein um als ein solches erkannt zu werden? Ist es möglich verschiedene Entwurfsstrategien dafür zu unterscheiden? Die Erörterung zeigt verschiedene Entwurfsstrategien von dokumentarischer Fotografie anhand öffentlicher Plätze auf und ermöglicht dadurch Einblicke in die Verfertigung bildspezifischen Wissens.