Beschreibung
DIE KUNST DER PARTIZIPATION - Über die Möglichkeiten und den Stellenwert der Kunstvermittlung an Museen / Von Karin Altmann und Mela Maresch / Immer wieder gibt es Debatten um den Stellenwert von Kunstvermittlung. KunstvermittlerInnen werden, wie jüngst in einem Kommentar in der Tageszeitung „Der Standard“ von einer Vermittlerin beschrieben, in Museen oft wie KunstbetriebsmitarbeiterInnen der 3. Klasse behandelt. Dabei machen sie eine wertvolle und unwiederbringliche Arbeit für die Gesellschaft und stellen ein Verbindungsglied zwischen Publikum und Kunst dar. Manchmal ist es sogar möglich, dass KunstvermittlerInnen egalitär in einem Museum mitarbeiten können. Dann geht ihre Arbeit weit über die klassische Vermittlung hinaus und das Publikum kann partizipieren. Ein Beispiel dafür ist die aktuelle Ausstellung >weltenbummler - abenteuer kunst< der Kunstvermittlung des Essl Museums. Diese beschäftigt sich mit Aspekten von partizipatorischer Museumsarbeit, der Einbindung von BesucherInnengruppen in Planung, Konzeption und Vermittlung von Museumsausstellungen. Nach >Festival der Tiere< (2011) und >like it< (2013) ist es das dritte Ausstellungsprojekt des Essl Museums, das Partizipation großschreibt. PARTIZIPATION BRAUCHT MUT Eine der häufigsten Kritikpunkte in Bezug auf partizipative Kunstvermittlung lautet, dass die Kunstvermittlung hier Gefahr laufe, zur de-professionellen Praxis und Sozialarbeit zu werden und dass die Ergebnisse nicht mehr nach den ästhetischen Kriterien eines Museumsfeldes bewertet werden können. Diese Kritik stammt jedoch oftmals von jenen Institutionen, die bisher noch keine Erfahrungen mit partizipativen Modellen gemacht haben. Manchmal scheint es beinahe so, als bestünde eine regelrechte Angst vor Partizipation. Doch was ist der Grund dafür? Ist es die Angst vor der Unvorhersehbarkeit? Die Angst etwas nicht mehr überschauen oder steuern zu können? Oder die Angst vor dem Verlust der Hierarchie und der Deutungshoheit über die Kunst? Gerade partizipative Ansätze können helfen, Schwellen und Hierarchien abzubauen, die der Kunstbetrieb so gerne aufbaut. PARTIZIPATION MACHT ARBEIT Das Einsetzen partizipativer Methoden macht auch nur dann Sinn, wenn der Prozess und nicht das Ergebnis im Mittelpunkt des Interesses steht. Denn die neugierige Offenheit dem Prozess gegenüber ist eine Grundvoraussetzung für das Gelingen partizipatorisch angelegter Projekte. Partizipation meint nämlich nicht einfach das Delegieren von Arbeit an Laien, sondern sorgfältig geplante und begleitende Prozesse, die BesucherInnen zu mündigen RezipientInnen, AkteurInnen, Verbündeten und Opponenten machen. Kunstvermittlung wird selbst zur künstlerischen Praxis. Es geht darum Zeit und Raum zum Ausprobieren und Experimentieren zur Verfügung zu stellen, auf die Bedürfnisse anderer einzugehen und Kommunikationsprozesse zu initiieren. Es ist ein Versuch, Erfahrungen mit Kunst zu ermöglichen und letztendlich sind es die Erfahrungen – wie am Beispiel der Ausstellung >weltenbummler - abenteuer kunst< erneut deutlich wird – die von Bedeutung sind und mitgenommen werden. ABENTEUER KUNST >weltenbummler - abenteuer kunst< ist ein partizipatorisches Ausstellungs-projekt, in deren Planung, Konzeption und Vermittlung verschiedenste Personengruppen involviert sind. SchülerInnen im Alter von 7 bis 14 Jahren aus Wien und Niederösterreich haben als GastkuratorInnen, begleitet durch die Kunstvermittlung, die Werkauswahl getroffen und die Ausstellung gestaltet. Drei Erwachsenengruppen (KeyworkerInnen des Essl Museums, Insassen der Außenstelle Wilhelmshöhe der Justizanstalt Josefstadt sowie junge Erwachsene mit Behinderung der Tagesstruktureinrichtung „Media & More“) wurden zudem eingeladen, sich auf Themen und Inhalte der Ausstellung einzulassen und sich individuell in einem sehr offenen Prozess damit auseinanderzusetzen. Ein derartiges Projekt braucht viel Zeit und Erfahrung im Umgang mit den BesucherInnen und im Umgang mit der Kunst. Es braucht die Offenheit für unerwartete und originelle Zugänge zur Kunst. Gerade deshalb sind für die Kunstvermittlung ein fundamentales Wissen über die Inhalte der Sammlung, ein professioneller Umgang in der Interaktion mit BesucherInnen unterschiedlichster Altersstufen und ein profundes Verständnis über alle Notwendigkeiten und Abläufe im Museum in allen Abteilungen notwendig. Es geht darum für die GastkuratorInnen einen stabilen Rahmen zu schaffen, in dem sie die Sicherheit haben eigene Ideen umzusetzen und andererseits ist eine spannende und ästhetische Ausstellung als Resultat gewünscht. KunstvermittlerInnen sind PädagogInnen, KuratorInnen und OrganisatorInnen gleichzeitig. Sie sind TeamspielerInnen, in dem sie mit BesucherInnengruppen und MuseumskollegInnen gleichermaßen zusammenarbeiten und sie sind TeamleiterInnen, indem sie für ihre Gruppe immer die Verantwortung für das Ganze im Auge behalten. Ein Ausstellungsprojekt dieser Art ist möglich durch die Zusammenarbeit der Kunstvermittlung mit Partnerschulen und KeyworkerInnen, die schon über mehrere Jahre regelmäßig ins Museum kommen. Es ist möglich, weil das Sammlerehepaar Essl der Kunstvermittlung seit 15 Jahren einen hohen Stellenwert einräumt und zeitaufwendige Projekte finanziert und es ist möglich, weil das gesamte Team des Essl Museums die Kunstvermittlung als einen wichtigen Bereich, der das Museum zu einem lebendigen Ort macht, schätzt, unterstützt und fördert. Die Kunstvermittlung kann sich immer neuen Inhalten, Herausforderungen und BesucherInnengruppen zuwenden und die Arbeit bleibt spannend und lebendig. Gelegentlich stellen wir uns selber die Frage, weshalb wir uns auf derart arbeitsintensive Ausstellungsprojekte einlassen. Es ist wohl die Freude, neugierig, mutig und offen zu bleiben und die Lust, sich immer wieder aufs Neue auf das Abenteuer Kunst einzulassen. / Karin Altmann und Mela Maresch arbeiten seit 1999 im Team der Kunstvermittlung des Essl Museums.