Techniktransfer zwischen New York, Paris und Wien
- Das Projekt der pneumatischen Leichenbeförderung zum Wiener Zentralfriedhof von 1874
Vortragende*r
Datum
- 03. Juni 2011–05. Juni 2011 Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin, Germany
Schlagwörter
Kulturgeschichte, Kulturwissenschaft, Technikgeschichte, Transnationale Geschichtsschreibung, Sepulkralkultur, Sterben, Stadtgeschichte, Wien, Österreichische Geschichte, Pneumatik, Rohrpost, Habsburgerreich
Beschreibung
1874 erscheint die Publikation "Begräbnisshalle mit pneumatischer Förderung" in Wien. Auf fünfzehn Seiten stellen die Autoren, der Ingenieur Franz Felbinger und der Architekt Josef Hudetz, das Konzept einer Rohrpost für Leichen vor, die den neu eröffneten, peripher gelegenen Zentralfriedhof schnell und störungsfrei an die Stadt anbinden soll. Um sich von anderen, vergleichbaren Projekten abzusetzen, übernimmt die "Begräbnisshalle" mehr Funktionen als den bloßen Leichentransport. Sie soll einen „Umschwung im Systeme der Leichenbestattung“ mit sich bringen. Die pneumatische Antriebstechnik, die die Umsetzung des Projekts ermöglichen sollte, hat Felbinger zuvor in New York studiert und will sie in Wien zum Einsatz bringen. Die Finanzierung der "Begräbnisshalle" scheitert, sie bleibt technische Vision. Im selben Jahr wird Felbinger vom k. k. Handelsministerium als Sachverständiger beauftragt, die damals in Betrieb befindlichen Rohrpostanlagen in London und Paris zu besichtigen. Er soll die geeignete Technik auffinden, um den elektrischen Telegrafen durch ein Rohrpostnetz zu beschleunigen. Felbinger erkennt im pragmatischen Ansatz der französischen Ingenieure das geeignete System für die Wiener Rohrpost, das später auch nach Berlin exportiert werden soll. Sowohl die "Begräbnisshalle" als auch die Rohrpost sind Produkte eines Techniktransfers. Beide Projekte basieren auf einem pneumatischen Antriebssystem. Das Scheitern der "Begräbnisshalle" und die Realisierung der Rohrpost können nicht nur anhand technischer Kriterien erläutert werden, sondern es müssen ökonomische, kulturelle und politische Rahmenbedingungen hinzugezogen werden. Anhand der beiden Projekte, die Felbinger in Wien umsetzen wollte, werden die Auswirkungen des Börsenkrachs von 1873, das Bestreben der bürgerlich-liberalen Stadtverwaltung nach Autonomie und Selbstlegitimation und die Rolle des Ingenieurs im Habsburgerreich ersichtlich.
Titel der Veranstaltung
Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte 2011
Veranstalter*in
Aktivitätenlisten
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- Florian Bettel - Fotografie
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Ort
Adresse
- Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin, Germany
- Boltzmannstraße 22
- 14195 Berlin
- Germany
Mediendateien
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