Post-Truth Porn

  • Männerfantasien im Internetzeitalter
Doktoratsstudium

Datum

  • 01. März 2013–22. Januar 2024 Universität für angewandte Kunst in Wien, Wien, Österreich

Schlagwörter

Porn Studies, Internet, Gonzo

Text

Am Beispiel von Gonzo-Pornografie, einer männlich-chauvinistischen und nach dem Millenium dominierenden Form der Internetpornografie, die sich mit Point-of-View-Darstellungen einer Vermittlung der Erfahrung der Teilhabe verschreibt, möchte Kwasniewski Pornografie in die Geschichte dokumentarischer Formen einordnen und damit das traditionelle Verständnis vom Dokumentarfilm erweitern. Weitere zentrale Fragen betreffen Probleme im aktuellen Verständnis von Authentizität und den maskulinistischen Backlash im so genannten Post-Truth-Zeitalter, das dadurch gekennzeichnet ist, dass authentisches Medienerlebnis und emotionaler Effekt Vorrang gegenüber gesicherten Fakten und schlüssigen Argumenten haben. Seine Arbeit untersucht die audiovisuellen Strategien, Geschlechterverhältnisse und spezifischen Konstruktionen von Authentizität des Gonzo. Gonzo ist Teil von Amateurproduktionen, denen gemeinhin zugesprochen wird, von der Leidenschaft zu einem Hobby angetrieben zu sein und nicht etwa von finanziellem Interesse, doch deshalb ist keine Unabhängigkeit von der Pornoindustrie gegeben. Mit der Suggestion von Spontaneität, Intimität und Authentizität radikalisiert Gonzo die Anziehungskraft des direkten, rauen Erscheinungsbildes von Amateurproduktionen. Obwohl es eines der populärsten pornografischen Genres darstellt, wissen wir noch wenig über Gonzo, da sich die Forschung bislang nicht ausreichend mit den Zusammenhängenvon Produktionsmitteln, audiovisuellen Strategien und Konstruktionen von Authentizität auseinandergesetzt hat. Außerdem fehlt es an einer Analyse der Männlichkeitskonstruktionen. Meine Arbeit bezieht sowohl eine genaue Betrachtung der Clips (Filmanalyse) als auch kontextueller Faktoren mit ein (Produktionsumstände, Distribution, Rezeption, Geschichte und Entwicklung der Pornografie). Der analytische Teil wird durch künstlerische Forschung vertieft: meine eigene Found-Footage Arbeit zerlegt eine Gonzo-Serie in ihre einzelnen Bestandteile, legt die Eigenheiten offen und exponiert die Eckpfeiler der audiovisuellen Strategie. Gonzo versucht, in einer Art chauvinistisch-utopischem Szenario männliche Überlegenheit wiederherzustellen und in einer Art virtueller Männergemeinschaft eine subjektive Erfahrung möglichst direkt zu vermitteln. Gonzo konstruiert den Akt als spontan und sichert seine Authentizität durch eine Art radikaler Transparenz der Produktionsmittel. Durch die beispielhafte Analyse der audiovisuellen Strategien in Amateur-Produktionen in Verbindung mit Theorien der kritischen Männlichkeitsforschung schließen seine Untersuchungen eine Forschungslücke und zeigten Probleme unseres aktuellen Verständnisses von „Authentizität“ auf. Dies kann zu einem besseren Verständnis dessen führen, wohin sich die rasante Entwicklung von Internetmedien bewegt und dazu beitragen, Herausforderungen der Medienentwicklung im sogenannten Post-Truth-Zeitalter zu meistern.

Aktivitätenlisten

Ort

Adresse

  • Universität für angewandte Kunst in Wien, Wien, Österreich
  • Oskar-Kokoschka-Platz 2
  • 1010 Wien
  • Österreich
Veröffentlicht Von: Gabriele Jutz | Universität für Angewandte Kunst Wien | Veröffentlicht Am: 09. Mai 2022, 10:49 | Geändert Am: 23. Januar 2024, 08:17