Vortrag und Kick off zum Kimono-Workshop
Veranstalter*in
Datum
- 10. Mai 2016–11. Mai 2016 Deutschland
Beschreibung
THE FABRIC OF LIFE – TEXTILKUNST IN ASIEN Vortragsreihe der Abteilung Textil – freie, angewandte u. experimentelle künstlerische Gestaltung DAS MÄDCHEN IN DER PFERDEHAUT – JAPANISCHE TEXTILTRADITIONEN Di 10.5. 10-12 Uhr, Seminarraum B Walter Bruno Brix und Anita Bauer Japan hat eine lange und überaus reiche Tradition der textilen Künste. Sehr frühe Gewebe bestanden aus Pflanzenbast und wurden aus Pflanzen wie Glyzinen (fuji fu), Bananen (bashô fu) oder Leinen (asa fu) gewonnen. Dabei werden die Fasern nicht versponnen, sondern einzeln aneinandergeknotet, sodass besonders glatte, dünne Fäden und transparente Gewebe entstehen. Die ersten Seidengewebe webte man wohl im 2. Jh., die Techniken und Werkzeuge für die Herstellung komplexer, gemusterter Seiden wurde erst im 7. Jh. aus China bzw. Korea importiert. Obwohl die Kulturtechnik der Seide vom Festland stammte, meisterte man in Japan bald viele der Verfahren so hervorragend, dass die japanischen Seiden auch in China begehrt waren. Japanische Kleidungsformen entwickelten sich aus der Stoffbahn. Ihre Gestalt entsteht jedoch erst, wenn sie gefaltet und mit Bändern am Körper befestigt sind; ganz im Gegensatz zu westlichen Formen, die den Körper nachbilden bzw. ihn in eine andere Form bringen sollen. Dementsprechend unterscheidet sich das Nähen eines Kimonos vom westlichen Schneidern. Die langen Stoffbahnen sind temporär zusammengehalten und können jederzeit aufgetrennt und in neue Zusammenhänge gebracht werden. Dabei sind weder die Maße des Kimonos noch der Stoffbahnen individuell, sondern praktisch genormt. Diese modulare Denkweise ist in Japan in verschiedensten Bereichen wie etwa in der Architektur zu finden. Individualität entsteht durch die prachtvollen und arbeitsintensiven Muster. Neben erlesenen Seiden mit gewebten, gefärbten und gestickten Mustern existierten auch einfache Gewebe, die aber oft ebenso aufwendig gemustert waren. Die Baumwolle erreichte erst im 16. Jh. Japan. Anfangs war das Material so kostbar, dass man die Stoffe auflöste und die einzelnen Fäden in japanische Pflanzenfasergewebe einnähte. Aus dieser Technik und einem Flick-Verfahren entwickelte sich das heute so bekannte sashiko. Das buddhistische Gewand kesa besteht aus Flicken, um dem Gebot zur Armut gerecht zu werden. In China und später auch in Japan wurden besonders prächtige, golddurchwebte Seiden für derartige Flicken-gewänder verwendet. Auch hier entwickelte man in Japan höchst aufwendige Musterungen. Viele textile Traditionen werden in Japan bis heute bewahrt und als Teil der japanischen Identität betrachtet. Walter Bruno Brix und Anita Bauer gewähren in diesem Vortrag Einblicke in die japanische Textilkunst, die eine Vielzahl historischer, religiöser, sozialer und künstlerischer Perspektiven einschließt. KICK OFF ZUR KÜNSTLERISCHEN PRAXIS: Der praktische Teil der Lehrveranstaltung widmet sich ganz den textilen Traditionen Japans und konzentriert sich auf zwei japanische Textilien: den Kimono (hitoe kosode – ungefüttertes Obergewand) und kesa, die japanische Form des buddhistischen Gewandes, die meist aus unterschiedlichen, oft vorher anderweitig genutzten Stoffen hergestellt wird. Das Kick off zur künstlerischen Praxis wird von Walter Bruno Brix, Japan-Experte, Sachverständiger und Kurator für Ostasiatische Kunst und Textil, begleitet, der uns in die Tradition der japanischen Handnähtechniken einführen und den kulturellen Kontext dieser beiden Textilien beleuchten wird.