Videoverwandte Medien - Film

Sebastian Brauneis
Institut für Bildende & Mediale Kunst, Digitale Kunst
2025W, künstlerisches Seminar (SEK), 2.0 ECTS, 2.0 SemStd., LV-Nr. S05805

Beschreibung

Irgendwas mit Medien – Integration – Improvisation – Intervention

Diese Lehrveranstaltung widmet sich – orientiert am Film als arbeitsteilig, semi-industriell hergestelltes Produkt - der kollaborativen Entwicklung medialer künstlerischer Arbeiten – zwischen Improvisation, politischer Intervention und inklusiver Organisation. Gemeinsam erarbeiten wir Strategien, wie sich mit minimalen Mitteln – aber maximaler Klarheit – relevante, gestalterisch präzise Medienwerke entwickeln und vor allem deren Umsetzungen organisieren lassen.

Erfahrungen aus der unabhängigen Filmproduktion dienen als Toolbox für verschiedene Formate (Video, Installation, Performance, Hybridform). Besonderer Fokus liegt auf strukturiertem Arbeiten in kleinen Units, dem Einsatz professioneller Werkzeuge bzw Organisationsstrategien in flexiblen Kontexten sowie auf einem offenen Umgang mit Scheitern und rechtlicher Souveränität im Umgang mit Bild- und Tonmaterial (Sampling, Fair Use, creative commons et al).

Mediale Kunstwerke entstehen heute oft unter paradoxen Bedingungen: maximale Sichtbarkeit bei minimalem Raum, kollabierende Budgets bei steigenden Erwartungen, politische Dringlichkeit bei institutioneller Unsicherheit. Wir widmen uns diesen Spannungsfeldern mit einem bewusst offenen, praxisnahen und zugleich kritisch-reflexiven Zugang.

Diese Lehrveranstaltung ist kein klassischer Produktionskurs. Sie ist vielmehr ein Raum, in dem mediale künstlerische Praxis als situatives, inklusives und kollaboratives Handeln verstanden wird. Medienarbeit wird hier als sozial verankerter und gestalterisch radikal offener Prozess vermittelt – zwischen Behauptung und Recherche, zwischen Struktur und Chaos, zwischen Mikroorganisation und gesellschaftlicher Reflexion. Ich glaube an das Voneinander-Lernen, an das spielerische Einvernehmen in der Verteilung künstlerischer wie organisatorischer Rollen – nicht nur vor der Kamera, sondern im gesamten Produktionszusammenhang.

In dieser Lehrveranstaltung wollen wir gemeinsam herausfinden, was es heute bedeutet, „irgendwas mit Medien“ zu machen – und wie daraus etwas werden kann, das für uns und andere relevant ist. Wir fragen uns: Wie lässt sich mit begrenzten Mitteln, aber klarer Haltung, mediale Kunst produzieren? Wie können wir Strukturen schaffen, die sowohl künstlerisch als auch menschlich tragfähig sind? Und wie machen wir uns als Gruppe stark – auch gegen die Zumutungen, die Produktions- und Kunstsysteme oft mit sich bringen?

Im Zentrum steht die Entwicklung und Umsetzung eigener, jedweder medialer und/oder künstlerischer Projekte – ob als Videoarbeit, Performance, Installation, hybride Form oder Film in jedweder Ausformung. Dabei ist es uns wichtig, gestalterisches Denken mit organisatorischer Praxis zu verbinden, zu hinterfragen, zu überprüfen, herauszufordern und aufzudecken, dass bereits hier die künstlerische Behauptung und Aussage beginnt stattzufinden, einfach weil sie endlos ist. Wir üben uns in kollektiver Planung, reflektierter Improvisation und produktivem Umgang mit Unsicherheit. Das alles in einem ANGEWANDTEN Setting. Ob als Planspiel oder als handfestes Projekt mit echter Deadline ist euch und uns überlassen.

Wir gehen davon aus, dass jede Person in der Gruppe Expert*in ihres eigenen Blicks ist, und dass daraus ein Resonanzraum entstehen kann, in dem alle voneinander lernen – unabhängig von Vorwissen, Erfahrung oder Medium.

Die drei Vektoren unserer gemeinsamen Arbeit

Integration

Wir verstehen Integration nicht nur als gesellschaftlichen Begriff, sondern auch als künstlerische Haltung:

– Wer wird sichtbar? Wer erzählt? Wer wird gehört – und wer nicht? Was?

– Wie gestalten wir Zusammenarbeit, ohne Rollen zu verengen oder Hierarchien zu zementieren?

– Wie kann auch gerade das (mein) Scheitern – ob inhaltlich, technisch oder persönlich – ein vollwertiger Bestandteil des Prozesses und des Ergebnisses sein? Bzw muss es eigentlich sein. Denn, frei nach Max Reinhardt: "Enthüllung, ist das Ziel der Kunst. Nicht Verstellung."

Improvisation

Improvisation ist kein Notbehelf. Sie ist eine Fähigkeit. Eine Haltung.

– Wir erkunden Methoden, wie aus Zeitdruck, Budgetmangel oder Chaos produktive Energie entsteht.

– Wir lernen, spontan zu organisieren, aufmerksam zu beobachten, Lösungen im Vorbeigehen zu entwickeln.

– Wir arbeiten ja jetzt schon täglich in kleinen, flexiblen Units (manchmal, sehr oft sogar, nur 1 Person großen Units  ), die rasch auf Umstände reagieren können – und dabei oft näher an der Wirklichkeit sind als große Apparate.

Intervention

Künstlerische Medienarbeit ist immer auch ein Eingriff.

– In Narrative, in Räume, in Formen.

– Wir suchen nach Reibung – dort, wo Kunst nicht glatt, sondern relevant wird. Poesie und Politik als produktive Reibung(sflächen).

– Wir verstehen Medienarbeit als Möglichkeit, Sprache, Bild und Ton in Bewegung zu bringen – gestalterisch und gesellschaftlich. Sie zu durchmischen und auch sie abseits ihrer intendierten Einsatzbereich zu nutzen. So ähnlich wie man einen Bierdeckel unter den Laptop legt, damit der beim Rendern der Semesterarbeit noch genug Luft kriegt und nicht zu heiß wird.

Meine Erfahrungen aus der fiktionalen Filmproduktion stelle ich uns zur Verfügung – als Werkzeugkasten, nicht als Regelwerk. In Arbeiten wie 3 Freunde 2 Feinde (produziert mit unter 3.000 €), Die Vermieterin oder AMS habe ich gelernt: Auch mit minimalen Mitteln lassen sich große Geschichten erzählen – wenn wir wissen, wie man sie organisiert und noch mehr, wenn wir wissen, wie wir UNS organisieren. Nicht als starres, hierachisches Gebilde, sondern als Spezialist*innenhaufen mit einem Ziel auf Zeit.

Was wir uns ganz schamlos vom Film fladern werden

Wir werden uns einiges, vielleicht sogar das Beste, ganz ungeniert aus der Welt der Spielfilmproduktion borgen – nicht um sie zu imitieren, sondern um sie für unsere eigenen medialen Zwecke umzupolen. Drehpläne, Callsheets, Dispos, Szenenauflösungen, Locationscouting, Besetzung, Dramaturgie, sogar Cateringlisten – all das nehmen wir uns her, sezieren es, verdrehen es, vereinfachen es und bauen daraus funktionale Miniatursysteme für unsere Kontexte. Wir nutzen, was beim Film für Millionenproduktionen gedacht ist, um unsere kleinen, flexiblen, wendigen Projekte zu strukturieren – präzise dort, wo es uns dient, und mit Humor dort, wo es eigentlich zu groß geraten ist. Wir nennen das: produktive Aneignung. Organisieren ohne Bürokratie. Strukturieren ohne Hierarchie. Erzählen ohne Erlaubnis.

Was wir vom Film – und von uns selbst für den Film – lernen können

Gleichzeitig verstehen wir diese Begegnung nicht nur als Einbahnstraße. Denn auch der Film, vor allem der kommerzielle, kann von unserer Haltung etwas lernen: von unserer Improvisation, unserem Mut zur Lücke, unserer solidarischen Fehlerkultur. Die Arbeitsweisen, die wir hier gemeinsam erproben – jenseits von Normen, mit flachen Hierarchien, queer gedachten Rollenverteilungen und echtem Mitgestaltungswillen – sind kein Notbehelf. Sie sind zukunftsfähig. Und sie machen etwas sichtbar, das oft untergeht: Dass Film – und Medienkunst im Allgemeinen – nicht nur Produkt, sondern Prozess und Beziehung ist. Genau da setzen wir an. Und genau das nehmen wir mit.

Prüfungsmodalitäten

Die Beurteilung erfolgt auf Basis regelmäßiger aktiver Teilnahme und praktischer Mitarbeit, der eigenständigen Anwendung der vermittelten Inhalte im Rahmen individueller künstlerischer Arbeit sowie eines abschließenden Reports in eigenen Worten (offene Form) über das Erlernte und dessen Umsetzung.

Anmerkungen

Hinweis zur Verwendung von Bild-, Ton- und Videoaufzeichnungen im Rahmen der Lehrveranstaltung

Ein integraler Bestandteil dieser Lehrveranstaltung ist der situative Einsatz von Medienaufzeichnungen – insbesondere Video –, die sowohl den Lehrenden als auch die teilnehmenden Kolleg*innen betreffen können. Diese Aufzeichnungen entstehen im Rahmen der gemeinsamen Arbeitssituationen, etwa bei Übungen, Diskussionen, Präsentationen oder Prozessreflexionen.

Das so entstehende Material wird ausschließlich zu pädagogischen Zwecken verwendet – etwa als Arbeitsmaterial, Diskussionsgrundlage oder gestalterisches Readymade im Sinne der kritischen Auseinandersetzung mit Medienproduktion und ihrer Repräsentationslogik.

Dabei gelten folgende Grundsätze, die sich an der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) orientieren:

  • Aufzeichnungen erfolgen nur mit vorab kommuniziertem Zweck und im gegenseitigen Einverständnis.

  • Eine Speicherung und/oder Weiterverwendung des Materials geschieht ausschließlich einvernehmlich.

  • Es besteht jederzeit die Möglichkeit, einer Aufnahme oder Verwendung zu widersprechen – ohne Angabe von Gründen und ohne daraus entstehende Nachteile.

  • Das entstehende Material wird weder öffentlich verbreitet noch für externe Zwecke verwendet, sondern bleibt innerhalb des geschützten Rahmens der Lehrveranstaltung.

Durch die bewusste Teilnahme an dieser Lehrveranstaltung wird eine grundsätzliche Bereitschaft vorausgesetzt, sich im Sinne einer gemeinsamen gestalterischen Praxis auch in medialer Form sichtbar zu machen – immer unter Wahrung der persönlichen Integrität und Freiwilligkeit.

Diese Praxis folgt einem künstlerisch-didaktischen Prinzip, das auf Transparenz, Partizipation und Vertrauen basiert – und in der reflektierten Verwendung von Material auch neue Perspektiven auf künstlerische Medienarbeit eröffnet.

Schlagwörter

Film, Video, Diskussion, Fernsehen, digitale Bildbearbeitung, Copyright, Gespräch, Kulturpolitik, Organisation, Filmkunst, Elekronische Medien

Termine

28. Oktober 2025, 09:00–13:00 Abteilung Digitale Kunst, Vortragsraum , „BlockV // W:1 – Einführung & Grundlagen // Vorstellung, Erwartungsabgleich, Begriffsarbeit (Integration, Improvisation, Intervention).“
18. November 2025, 09:00–13:00 Abteilung Digitale Kunst, Vortragsraum , „BlockV // W:2 – Werkzeuge & Mini-Übungen // Filmische und organisatorische Tools für jede Art von Kunstschaffen und -produktion Orga = Kreativarbeit | Orga = als künstlerischer Ausdruck – Blocking, Breakdown, Callsheet bis Mini-Unit. Erste praktische Gruppenzusammenarbeit.“
09. Dezember 2025, 09:00–13:00 Abteilung Digitale Kunst, Vortragsraum , „BlockV // W.3 – Projektentwicklung I - Projektideen sammeln, Rollen definieren, Inventur der vorhandenen Skills und Zeitbudgets.“
20. Jänner 2026, 09:00–13:00 Abteilung Digitale Kunst, Vortragsraum , „BlockV // W:4 – Projektentwicklung II - Konkretisierung, Dramaturgie, Organisation“
26. Jänner 2026, 09:00–13:00 Abteilung Digitale Kunst, Vortragsraum , „BlockV // W.5 – Assessment (Zwischenstand) - Gemeinsames Screening, Feedback, kollektive Analyse („offene Werkschau“).“

LV-Anmeldung

Von 01. September 2025, 09:00 bis 01. Dezember 2025, 09:01
Per Online Anmeldung

Medienkunst: Digitale Kunst (2. Studienabschnitt): Künstlerische Methodik und Technologie digitaler Kunst: Videoverwandte Medien I - V 567/202.05

Mitbelegung: nicht möglich

Besuch einzelner Lehrveranstaltungen: nicht möglich