donnerstags, 15:45-17:45 (geblockt 7 Termine, bei Bedarf 8. Termin)

Textil im Kunstkontext I – Bildvorlesung
Themenschwerpunkte im Wintersemester: Textile Strukturbildungen vom Faden ausgehend (Sticken, Stricken,/Häkeln, Teppiche/Tapisserien/Netze/Verspannungen, Haare/Haut)

Dass unterschiedlichste Materialien heute selbstverständlicher Bestandteil der (westlichen) visuellen Kunst sind, ist ein vergleichsweise junges Phänomen. Die Vorlesung nimmt dies zum Ausgangspunkt, um zentrale Positionen des 20. Jahrhunderts zu beleuchten, in denen Künstler*innen begannen, sich vom traditionellen Einsatz der Materialien zu lösen. Im Fokus steht dabei insbesondere das Textile – nicht nur als funktionaler Werkstoff, sondern als eigenständiges Medium – oft auch in Kombination mit anderen Medien. Textilien in der Kunst werden nicht nur als formbildende Elemente betrachtet, sondern auch in ihren materiellen Eigenheiten sowie als Bedeutungsträger. Die Vorlesung stellt anhand zahlreicher Beispiele aus der jüngeren und aktuellen Kunst vor, wie vielfältig das Textile in der künstlerischen Praxis eingesetzt wird.

Die Präsenz textiler Arbeiten im zeitgenössischen Kunstbetrieb ist unübersehbar. Ausstellungen, Publikationen und aktuelle Produktionen zeugen von einer anhaltenden Aktualität. Doch worauf gründet sich dieses Interesse? Ist das Textile schlicht zur Selbstverständlichkeit geworden – als Material wie als künstlerische Idee? Oder gibt es spezifische Gründe für seine gegenwärtige Relevanz? Ein modischer Trend? Ein Bedürfnis nach Sinnlichkeit und Körperlichkeit in einer zunehmend digitalen Welt? Ein materialimmanentes Potenzial? Oder die Rückbesinnung auf handwerkliche Techniken? Es lässt sich beobachten, dass textile Medien häufig eng mit gesellschaftlichen Bewegungen und Identitätsfragen verknüpft sind. Feministische Perspektiven, queere Körperpolitiken, ökologische Anliegen und postkoloniale Auseinandersetzungen finden Ausdruck in Fasern, Stoffen, Mustern und textilen Strukturbildungen. Das Textile wird zur Projektionsfläche für Fragen nach Herkunft, Zugehörigkeit, Erinnerung und Widerstand.

Historisch war das Textile lange außerhalb der bildenden Kunst angesiedelt: im Kunsthandwerk, in der Mode oder im Design. Erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etabliert es sich zunehmend als gleichberechtigtes künstlerisches Medium – wesentlich mitgetragen durch die feministische Avantgarde der 1970er-Jahre. Der Bruch mit der Trennung von freier und angewandter Kunst sowie die Öffnung der Disziplinen trugen dazu bei, dass Textil als Ausdrucksform und Medium heute selbstverständlich zur zeitgenössischen Kunst gehört.

Die Vorlesung Textil im Kunstkontext widmet sich diesem weiten Feld in thematisch gegliederter Form. Im Mittelpunkt steht weniger die tiefgehende Analyse einzelner Werke als vielmehr das breite Spektrum textiler Ausdrucksformen. Besonderer Wert wird auf die Sichtbarmachung künstlerischer Positionen aus unterrepräsentierten Kontexten und Kulturräumen gelegt.

Die VU wird im Sommersemester 2026 mit neuen Themenschwerpunkten fortgesetzt (2025W und 2026S können aber auch unabhängig voneinander besucht werden). Die VU ist für jeden Studienabschnitt geeignet.

Regelmäßige Teilnahme und Vorstellung/Abgabe eines kleinen Recherchebeitrages zum Textilen im Kunstkontext. Dieser Beitrag kann auch eine eigene künstlerischen Arbeit und deren Kontext einbeziehen.

Strukturierung der Termine:

1. Wie ist Textil in die visuelle Kunst gekommen?
2. Sticken
3. Stricken/Häkeln,
4. Teppiche/Tapisserien/Netze/Verspannungen
5. Haare/Haut
6. und 7. Recherchebeiträge Studierende und Arbeiten Barbara Graf
8. Termin nur bei Bedarf