2025S

BECOMING TOGETHER. Performance als kritisches Labor der Gründe

Krassimira Kruschkova
Angewandte Performance Lab, Angewandte Performance Lab
2025S, Vorlesung und Übungen (VU), 2.0 ECTS, 2.0 SemStd., LV-Nr. S05421

Beschreibung

 

Unser be-coming together wie das Zusammentreffen differenter Gründe und Begründungen in zeitgenössischer Performancetheorie und -praxis – weg von der Doxa hin zum Paradox – stellen die Problematik dieser Lehrveranstaltung dar. Untersucht wird – entlang der Analyse von künstlerischen und theoretischen Arbeiten – die Spezifik von Performance als labor und lab, als Arbeits- und Forschungspraxis zugleich.

Neben Performancetheorie bietet der Kurs auch Feedback zu performativen Einzelprojekten der Studierenden an. Die Kursteilnehmer:innen können einzeln oder als Gruppe performative Entwürfe vorschlagen, vom Feedback der Kursleiterin und der ganzen Gruppe begleitet. Diese performativen Arbeiten können dann im Rahmen des Angewandte Festivals gezeigt werden.

In einer als Labor ausgerichteten Performanceszene bewegen sich Theorie und Praxis aneinander entlang, indem sie durch einander hindurch spekulativ und spektral gestreut werden – anstatt einfach spektakulär reflektiert. Beides, Praxis und Theorie, sind dabei performativ wie figurativ verschränkte Apparate, die Denk- und Körperbewegungen zusammen-auseinander-schneiden und – im Sinne von Jacques Derridas déconstruction oder von Karen Barads agential realism – jede ursprüngliche Anordnung und Kausalität verunsichern.

Wir leben mit anderen, stets an andere, an anderes adressiert, mehr oder weniger. Wir ziehen an Menschen, Dingen, Diskursen entlang (und vorbei) – und sind selbst Teil ihrer Relationalität. Als könnten wir zusammenkommen, erst indem wir einander auf halbem Weg begegnen und zusammenwerden – als gleichursprünglicher Plural, der unser Singular präzisiert. An dieser gleichursprünglichen, gegenseitigen Adressierung und Präzisierung arbeiten Performance-Künstler:innen des 21. Jahrhunderts mehr denn je – vielleicht weil es uns im kriegs- und krisenerschütterten Heute immer weniger möglich zu sein scheint zusammenzukommen.

Zeitgenössische Performance problematisiert unser Mitwerden als eine Frage des Mitwirkens vom Wirklichen und Möglichen, eine Frage der zugleich ethisch-bedingten Realität und ästhetisch-strukturierten Fiktionalität der performativen Situation: Ein Oszillieren zwischen Zusammenkunft und Übereinkunft, Herkunft und Zukunft, Nicht-Mehr und Noch-Nicht, Gelegenheit und Verlegenheit, Gelingen und Misslingen, Archivieren und Aktivieren – mit politischem Potential, das auch die Grenzen zwischen Aktivismus und Kunst neu verhandelt.

Ein becoming together also nicht nur miteinander und mit den Problemen der Welt, vielmehr als Teil davon, der von jedem totalisierenden Ganzen stets neu zu separieren ist: Gerade um Zusammenhalt zu teilen, mitzuteilen und stets anders separat parat zu sein, Part der Partitur und der Apparatur zu sein, die uns schreibt, präskriptiv und deskriptiv zugleich, während wir sie schreiben, diskursiv und physisch.

Der Fokus der Lehrveranstaltung auf die Performance-Problematik der Gemeinschaft, des Zusammenkommens geht von einem Mitwerden nichtpräetablierter Agenten aus, die erst in ihrer différance (Derrida) und intraaction (Barad) zusammen/gegenseitig werden. Ein becoming together, das stets in Krise und Kritik (von krínein = [unter-]scheiden, trennen) passiert, d.h. als Differenzvermögen. Das kritisch-performative Mit – sei es in diversen Theater-, Galerie- oder Museumsräumen – problematisiert die Krisen unseres Zusammenseins auch außerhalb dieser Räume.

Künstlerische Performances arbeiten daran, auch um das Oppositionsdenken Materie/Diskurs, menschlich/mehr-als-menschlich, Subjekt/Objekt, aktiv/passiv ins Differenzdenken zu kippen. Es geht dabei stets um eine Auseinander-Setzung mit und von diskursiv geprägten Körpern, um Schnitte zwischen Diskursen und Körpern, aber auch innerhalb der Körper und Diskurse, um Schnitte, die mithalten: „Mit-sein heißt gegenseitig Sinn hervorbringen, und nur so.“ (Jean-Luc Nancy: être singulier pluriel)

Das Mit, das politische, soziale, sexuelle Reinheitsphantasmen sowie Binarität queer durchquert und verwirft, lässt sich dabei nie festlegen, es ist stets im Werden – in präziser Diversität statt beliebiger Vielfalt. Neben dem inszenatorischen as-if-Modus – ein what if-Modus forschender Performancetheorie und -praxis. So werden wir auch die Möglichkeitsbedingungen für Artistic Research nicht einfach als Interaktivität, vielmehr als Intraaktivität zwischen Kunst und Forschung untersuchen, auch angesichts neuer Formen und Formate des Zusammenwirkens von Performancekünstler:innen, -Theoretiker:innen, -Kurator:innen. Welche Forschungsbegriffe hinterfragt und welche ermöglicht dieses Zusammenwirken?

Es geht um Fragen nach Korrespondenzen, Ambivalenzen, Fusionen und Konfusionen des Mitwirkens von Bewegung und Sprache, Darstellung und Ausstellung, scene und screen, Archivieren und Aktivieren, realer und fiktionaler Versammlung, Haltung und Zurückhaltung – ethisch und ästhetisch.

 

Prüfungsmodalitäten

Aktive Mitarbeit während des ganzen Semesters!

Kurzer Text zum Kursthema ODER Performance-Entwurf

Anmerkungen

Bitte um Anmeldung Online UND per E-Mail!

Termine: wöchentlich am Freitag, 10:00-12:00 Uhr.

Beginn: 7. Marz - Pflichttermin für alle!

Ort: APL - Angewandte Performance Lab, Georg-Coch-Platz 2, 1010 Wien

Eventuell könnten wir uns gemeinsam in der Gruppe auch für einen zweiwöchentlichen Rhythmus entscheiden - bitte auch diese Option berücksichtigen!

 

Schlagwörter

Performancetheorie, Performancepraxis

LV-Anmeldung

Von 03. Februar 2025, 00:00 bis 15. März 2025, 00:00
Per Online Anmeldung

Transformation Studies. Art x Science (Bachelor): Focus! Transformation Areas: Social Transformation 162/040.20

TransArts - Transdisziplinäre Kunst (Bachelor): Theoretische Grundlagen: Theoretische Grundlagen 180/003.01

Expanded Museum Studies (Master): Wahlfächer: Freie Wahlfächer 537/080.80

Mitbelegung: möglich

Besuch einzelner Lehrveranstaltungen: möglich