„etwas anderes"

Seminar zum poetologischen Essay

Literarische Werke zu denken und ihnen nachzudenken wird nicht nur auf
Schreibschulen und Universitäten gelehrt; kaum eine mittelgroße
deutschsprachige Stadt kommt heute ohne eine öffentlich geförderte
Poetikvorlesung aus.

Die künstlerische Notwendigkeit, Entstehungsprozesse von Texten reflexiv
zu erschließen ist das eine, das andere ist die in letzter Zeit vielfach
zu beobachtende Tendenz, das Verfassen von poetologischen Texten im
marktkonformen Kreislauf von Angebot und Nachfrage zu ritualisieren.
Aber wie kann in Bekenntnissen Gestalt annehmen, was einem inneren
Auftrag genügt? Und wie lässt sich dabei die Qualität des
Unvordenklichen bewahren, die vielleicht gerade befähigt, aus dem
Bewährten und Bestätigten herauszutreten?

Im WS 2019/2020 wollen wir versuchen, das Eigene zu bewerten, ohne es
für ein Erfolgsrezept festzuklopfen. Und wir wollen die Spielarten
poetologischen Denkens in eine Praxis überführen, die bei aller Wachheit
für politische und gesellschaftliche Entwicklungen auf ihre singuläre
Seinsweise nicht vergisst.

„denn der hinweis auf etwas, das schon auf etwas hinweist, wird immer
etwas anderes sein als dieses selbst.“ (Reinhard Priessnitz)

Im WS 2018/19 begonnene Essayarbeiten können weiter betreut werden, übrige Schwerpunkte sowie Lektüren werden sich im Laufe des Seminars ergeben.

Einige Lektürevorschläge:

Inger Christensen: Der Geheimniszustand und Gedicht vom Tod. Übersetzt von Hanns Gössl. Hanser 2000.
Elke Erb: Der wilde Forst, der tiefe Wald. Steidl 1995.
Walter Höllerer (Hrsg.): Theorie der modernen Lyrik. Dokumente zur Poetik. 2 Bände (Neuausgabe). Hanser 2003.
Cotten/Falb/Jackson/Popp/Rinck: Helm aus Phlox. Zur Theorie des schlechtesten Werkzeugs. Merve 2011.
Friederike Mayröcker: Magische Blätter I-VI. Suhrkamp 1983-2007.
Marlene Streeruwitz: Poetik. Tübinger und Frankfurter Vorlesungen. Fischer 2014.

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