KÖRPER-EREIGNIS

Über das Verhältnis und die Beziehung eines Dinges zum menschlichen Körper/Leib und umgekehrt: von Körperskulpturen, Orthesen, Körpererweiterungen und -einschränkungen, Körperabdrücken und -spuren...

Im Fokus stehen Objekte, die sich auf den Körper beziehen, ihm zugeordnet, eingeschrieben oder von ihm abgeleitet sind, von ihm oder durch ihn getragen werden. Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit kann die Beobachtung des menschlichen Körpers in seinen Ausdehnungen und Bewegungsdimensionen, seine äußere Erscheinung, aber auch die innere Anatomie oder die emotionale Körperwahrnehmung sein.

 Die Art und Weise der Einwirkung eines Objektes oder Materials auf den Körper oder umgekehrt sind die Untersuchungsherausforderungen im Seminar. So kann sich ein Ding dem Körper zuordnen und ihn in seiner Bewegungsfreiheit einschränken aber auch seinen Aktionsradius erweitern. Ebenso ist die andere Richtung der Annäherung möglich: der Körper wirkt auf ein Ding oder ein Material ein und prägt und formt es oder hinterlässt einen Abdruck oder eine Spur. Diese zwei Richtungen der Einwirkung aber natürlich auch deren Wechselwirkungen, bilden die Grundlage und das Spannungsfeld der Fragestellungen.

 Kleidung befindet sich grundsätzlich in diesem System der Wechselwirkungen. Der Rückgriff auf historische Kostüme bietet eine reiche Ressource. Die Untersuchung von Kleidung oder Accessoires auf deren Funktionen und Bedeutungen hin kann Anlass für die künstlerische Arbeit sein. Mit jedem Teil der Bekleidung ist eine ganze Kulturgeschichte verbunden.

Ein Kragen ist mehr als nur der Abschluss beim Halsausschnitt. Eine Halskrause ist mehr als nur eine zierende Faltenformation um den Hals und existiert in anderer Form auch im medizinischen Bereich als den Hals stützende Konstruktion. Auch im Bereich des Sports und der Arbeitskleidung kommen spezielle schützende und unterstützende Konstruktionen zum Einsatz wie Knieschützer oder Helme. Aber auch Möbel, ganz explizit Sessel, Stühle und Liegen funktionieren nach einem ganz ähnlichen Prinzip der gegenseitigen Einwirkung von Körper und Ding und sind, wie die Bezeichnung sagt: mobil, manchmal so mobil, dass sie mit dem Körper mitgehen: ein Melkschemel ist einbeinig und wird mit einem Riemen unter den Leib geschnürt, eine Hängematte formt sich durch den Körper und gibt ihm seine Position. Historische Kopfstützen erscheinen als kleine Möbel und sind manchmal wie ein Falt- oder Klappsessel konstruiert. Klappen finden sich auch in Kleidung, z.B. in der Klapphose. Die historische Schlitzkleidung, ab dem 17. Jh. weitgehend verschwunden, taucht in neuer Form im 20./21.Jh. wieder auf. Ein heimliches Potenzial ist in zum Teil kaum mehr bekannten Kleidungsteilen versteckt. Diese schreiben sich in ihren Bezeichnungen wie eine körperliche Anatomie: Schulterklappe, Achselstück, Beinling, Dekolleté, Fäustling, Hüftpolster.... Ganz explizit wird das bei einem Ausdruck, der Körper und Kleid auf Französisch und Deutsch verschiedenartig verbindet, dem der Korsage: afrz. cors: Körper und frz. Corsage: ein eng anliegendes Oberteil: das Leibchen.

Regelmäßige und aktive Teilnahme, Erarbeitung und Präsentation eines Künstlerischen Projektes und Abgabe in digitaler Form.

Kombination/Verschränkung mit dem Seminar
KÖRPER-EREIGNIS
Praxen – Künstlerisches Medium: Textil, LV-Nr. S02120

max. 14 TeilnehmerInnen